Die Mobilität der Zukunft sieht fahrerlos aus. Die Politik hat zuletzt den Weg frei gemacht für autonomes Fahren, nun muss die Autobranche nachlegen. Ab 2022 sollen fahrerlose Autos eingeschränkt am Verkehr teilnehmen können
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31.01.2022
Bevor wir durcheinander kommen, sollten zunächst die Begrifflichkeiten erklärt werden. Denn, assistiertes, automatisiertes und autonomes Fahren wird bei dieser Thematik fälschlicherweise häufig in einen Topf geworfen. Wo genau liegen also die Unterschiede in Bezug auf autonomes Fahren und wie ist der letzte Stand der Entwicklung? Schauen wir uns das näher an.
Der Unterschied ist schnell erklärt: Beim automatisierten Betrieb von Autos unterstützen elektronische Hilfsmittel den Fahrer dabei, z. B. die Spur zu halten. Im genannten Beispiel wird von sogenannten Spurhalteassistenten gesprochen. Und es gibt viele weitere dieser elektronischen Hilfsmittel an Bord hochautomatisierter moderner Fahrzeuge. Ein “echter“ Autofahrer ist hierbei jedoch in jedem Fall zwingend erforderlich. Jeder, der schon einmal versucht hat, die Grenzen solcher Assistenzsysteme an Bord auszureizen, wird die aufleuchtenden Warnmeldungen, beispielsweise bei zu langem Nichtergreifen des Lenkrades, registriert haben.
Fachleute unterscheiden vier Level auf dem Weg hin zu autonomen, also fahrerlosem Fahrvergnügen. Das Ganze startet auf Level 1, dem assistierten Fahren, geht über in die nachfolgenden Level teilautomatisiertes Fahren (aktuell der Stand der Technik), hochautomatisiertes Fahren und voll automatisiertes Fahren. Alle Level haben gemeinsam, dass ein Fahrer vonnöten ist. Lediglich die Art der unterstützenden Assistenzsysteme nimmt zu. Alles mündet am Ende in Level 5, dem komplett autonomen Fahren, bei dem wir Menschen nur noch als reine Passagiere ohne Fahraufgabe transportiert werden. Die Technik übernimmt dabei alle sicherheitsrelevanten Funktionen. Soweit so gut.
Laut Gesetz ist autonomes Fahren nun möglich. Bereits 2022 sollen fahrerlose Autos am Straßenverkehr in Deutschland teilnehmen können. Beim geplanten ersten Schritt sind voll automatisierte Autos der Stufe 4 gemeint. Ein Fahrer ist immer noch an Bord, kann notfalls regulierend die autonome Fahrt unterbrechen. Die Regierung begrenzt zudem den Einsatz der Fahrzeuge auf bestimmte Kurzstreckenbereiche wie Shuttle-Verkehre oder automatische Personentransportsysteme, sogenannte People Mover. Deutschland ist mit diesem Gesetz weltweit das erste Land, das fahrerlose Kraftfahrzeuge im Regelbetrieb, sowie im gesamten nationalen Geltungsbereich erlaubt.
Beim Blick auf die jüngsten Entwicklungsschritte wird man immer wieder mit den technischen Problemstellungen konfrontiert, die autonomes Fahren mit sich bringt. Je komplexer eine Fahrsituation, desto schwieriger wird es für die KI (Künstliche Intelligenz) des autonom fahrende Autos, entsprechend zu reagieren. Die Folgen dieser noch nicht 100 % marktreifen Fahrassistenzsysteme tauchen regelmäßig in den Schlagzeilen auf. So wurde autonomes Fahren der breiten Masse vermutlich das erste Mal durch verunglückte Tesla-Fahrzeuge in den USA bekannt. Schuld an Unfällen mit Elon Musks Teslas sind wohl u. a. der verwendete Autopilot, falsch reagierende Algorithmen und ein Wort-Missverständnis.
Die Technik scheint jedenfalls in vielen Fällen den komplexen Anforderungen an ein autonom fahrendes Fahrzeug noch hinterherzuhinken. In Teslas Fall war zudem der gewählte Begriff zum autonomen Fahren "Full Self-Driving (FSD)“ ("komplett selbstfahrend") ein Teil des Problems. Die Nutzer der Fahrzeuge wurden in der trügerischen Sicherheit gewogen, dass ein vollautonomer Fahrspaß geboten wird und verließen sich komplett auf die Technik. Tesla möchte dieser Art Unfälle zukünftig vorbeugen. Interessierte Fahrer müssen sich seit Ende letzten Jahres für Testfahrten mit einem Update des FSD bewerben, durchlaufen ein Kontrollprogramm. Wichtig zu wissen: Auch in dieser Ausbaustufe des FSD-Systems gilt, Fahrer müssen am Steuer jederzeit bereit sein, eingreifen zu können.
Doch autonome Fahrsysteme werden immer besser. Ihnen gehört die Zukunft. Die Vision, Zeitung lesend und entspannt zurückgelehnt, autonom und sicher von A nach B gefahren zu werden, rückt langsam näher. Derzeit werden von Autoentwicklern fleißig Daten gesammelt, um die KI, die hinter jeglichen Entscheidungen, die ein Fahrzeug beim autonomen Fahren treffen muss, zu füttern. An der Spitze der Entwicklung steht dabei die US-Marke Waymo, die zum Google-Konzern gehört. Waymo testet in den USA bereits Roboter-Taxis. Aber auch die deutschen Automobilbauer wie BMW, VW und Daimler sind eifrig dabei, autonome Fahrzeuge Richtung Marktreife zu führen. Aktuell sind in Berlin und Hamburg Roboterbusse im eben beschriebenem Level 4, der Vorstufe zum vollständig autonomen Betrieb, unterwegs. Ein Fahrer ist an Bord, um die mit Tempo 15 km/h rollenden Busse notfalls stoppen zu können,
Entwickler sind dabei optimistisch, dass fahrerlose Pkw in naher Zukunft in kritischen Situationen besser reagieren werden als der Mensch. Um diese Form der Marktreife zu erlangen, müssen autonome Fahrsystem beim aktuellen Stand der Technik noch viel hinzulernen, da müssen wir realistisch bleiben. Dennoch gehen die Experten davon aus, dass sich durch die KI in Zukunft rund 90 Prozent aller Unfälle vermeiden lassen. Der simple Grund: Maschinen sind immer aufmerksam, kein Blick aufs Handy oder ins Handschuhfach lenkt diese von der Straße ab.
Laut einer aktuellen Studie von Prognos im Auftrag des ADAC wird sich automatisiertes Fahren sehr langsam durchsetzen, was auch an der langen Nutzungsdauer von Autos in Deutschland liegt. Erst ab 2030, so die Schätzungen, werden erste wirklich autonom fahrende Autos und Lkw auf den Straßen auftauchen. Bis 2050 wird mit einer Steigerung bis zu 70 Prozent gerechnet. Autos im Normalbetrieb werden demnach noch länger neben der ansteigenden Anzahl an autonom fahrenden Pkw das Straßenbild prägen.